Ausländerfeindlicher Artikel im Profil?

Das Profil beschwert sich über Einwanderung aus unserem Nachbarland. In der aktuellen Ausgabe Nr. 14 vom 29. März 2013 findet sich auf den Seiten 20-23 unter der Überschrift Verdrängungsbeschwerden ein Artikel, der hier in Auszügen dokumentiert wird:

Jede vierte Professorenstelle an österreichischen Universitäten ist mit einem Bewerber aus Tschechien besetzt, an der Wiener Uni geht jede dritte Neuberufung an Tschechen. Die erhoffte Internationalisierung ist oft nur eine Tschechisierung.

Eva Malte[*], Leiterin eines Lehrstuhls an der Universität Salzburg, staunte über die Bewerberflut. Für die heuer ausgeschriebene Stelle eines Assistenzprofessors für internationale Beziehungen meldeten sich gleich 68 Kandidaten, davon fast alle aus Tschechien. „Es gibt darunter nur sieben Bewerber und Bewerberinnen aus Österreich. Das ist ein deutliches Missverhältnis“, warnt die Politikwissenschaftlerin. „An unseren Universitäten herrscht ein brutaler Verdrängungswettbewerb.“ Denn tschechische Unis sorgen laufend für akademischen Nachwuchs, der dann – analog zu den Numerus-clausus-Flüchtlingen unter tschechischen Abiturienten – mangels freier Stellen in Tschechien ins Ausland abwandert, […] „Ich habe nichts gegen Tschechen, aber es drängen massenhaft junge Wissenschafter aus Tschechien zu uns“, so die Europaexpertin. […]

Von 2255 Professorenstellen an österreichischen Universitäten ist bereits jede vierte mit einem Bewerber aus Tschechien besetzt. An den Unis in Wien und Salzburg beträgt der Anteil der Tschechen jeweils 38 Prozent, an der Uni Graz 30,6 Prozent. An der Universität Wien wird auf jede dritte frei werdende Professorenstelle ein Bewerber aus Tschechien berufen. „Die Uni Innsbruck ist eigentlich schon fast eine tschechische Universität“, schlägt der frühere Wissenschaftsminister Eberhard Burkhard „Tschechen“-Alarm. „Die aus Tschechien berufenen Professoren sind gut vernetzt und nehmen auch gerne Assistenten mit, was zu Reibereien mit dem einheimischen Mittelbau führt. Doch darüber will niemand öffentlich reden.“ […]

In Österreich gilt das Thema des Zustroms tschechischer Hochschullehrer weitgehend als Tabu. Rektoren betonen, dass die Berufungsverfahren transparent ablaufen. Wenn tschechische Professoren oft in den Dreiervorschlägen für Neuberufungen landen, liege das eben an ihrer hohen Qualifikation. […]

Der Politologe Arnulf Moser, der derzeit an der englischsprachigen „Central European University“ in Budapest lehrt, sieht die Berufungspraxis skeptischer. „Die gewünschte Internationalisierung der Unis droht eine Tschechisierung zu werden“, meint Moser. […]

Eine profil-Umfrage unter neu berufenen tschechischen Professoren ergibt ein harmonisches Bild. Fast alle loben die hohe Lebensqualität in Österreich oder die Ausstattung der Unis. […]„Ich persönlich kann nur sagen, dass ich in Österreich, Wien und an der Universität äußerst freundlich und kollegial aufgenommen wurde“, erklärt Jörg Pawel, Paläontologe […] an der Fakultät für Geowissenschaften an der Uni Wien, wo zuletzt überwiegend tschechische Wissenschafter aufgenommen wurden. […]

Da immer mehr tschechische Wissenschafter in Führungsgremien der Unis sitzen, können sie bei den für Berufungen eingesetzten Kommissionen die Auswahl steuern. Der österreichische Historiker Georg Papst, der seit Jahren an der Uni von New Orleans lehrt, bewarb sich vor Kurzem vergeblich für eine Zeitgeschichte-Professur in Innsbruck. „Unter den zehn Finalisten waren nur Tschechen und ich als Auslands­österreicher. Ich wurde als zu alt ausgeschieden, was bei Fünfjahresverträgen eigentlich nicht ins Gewicht fallen sollte.“ Berufen wurde dann ein Tscheche. Papst befürchtet einen „stillen Anschluss“ als Folge der durchaus erwünschten Öffnung der heimischen Unis für international bedeutende Wissenschafter. „Ohne Rücksicht auf den akademischen Arbeitsmarkt produzieren die tschechischen Unis laufend neue Doktoren und Habilitierte, die aber dann in Tschechien keine Anstellung kriegen und nach Österreich ausschwärmen.“ Papst warnt vor den Folgen der Berufung tschechischer Zeitgeschichte-Professoren nach Wien, Klagenfurt, Linz und Innsbruck. „Tschechen lernen in der Regel kaum österreichische Geschichte, und wenn, dann nur aus tschechischer Perspektive“, so Papst. „Wie wird ein tschechischer Professor die Hitler-Zeit und die Opferdoktrin erklären? […]“

Hinweis: Bei der Übertragung der Auszüge des Profil-Artikels in meinen Blog haben sich ein paar kleine Fehler eingeschlichen: Wo in den hier wiedergegebenen Auszügen von „Tschechien“ die Rede ist, steht im Original „Deutschland“, die „Tschechen“ sind „Deutsche“ oder „Piefke“, „tschechisch“ ist „deutsch“ und im Original droht keine „Tschechisierung“, sondern eine „Germanisierung“. Ressentiments gegen Deutsche und auch gegen Amerikaner liegen im österreichischen Mainstream und sind selbst Linken und Liberalen erlaubt. Ein bisserl Ressentiment braucht halt jeder und jede.

Heiko Heinisch, österreichischer Historiker, Vater Österreicher, Mutter Deutsche, lebt und arbeitet in Wien



[*] Die Namen der zitierten Personen wurden geändert.