Interview zur Rolle der Moscheen

Herbert Gnauer hat mit mir im Kitchen Talk für Idealism Prevails über die Wiener Moschee Studie, problematische Moscheeverbände wie die Islamische Föderation (Milli Görüs (deutsch: Nationale Sicht)) und Integration gesprochen.
Politisch, islamistisch und/oder nationalistisch orientierten Organisationen den Status als Religionsgemeinschaften zuzugestehen und sie damit unter dem Schutzschild der Religionsfreiheit agieren zu lassen, halte ich für einen Fehler.
Das gesamte Interview (72 Minuten):

Identitäre Diskurse

Die Debatten über Integration und Islam werden von Identitätspolitik dominiert. „Muslim“ ist dabei zur Kategorie für das Andere – oder das Eigene – geworden. Was von Rechten und von Vertreter/innen des politischen Islam betrieben wird, wird von einem Teil der Linken gefördert, indem ein vermeintlich antirassistischer Diskurs das Objekt des Rassismus immer aufs Neue reproduziert.

CC0 Public Domain

Integration kann in einer modernen, pluralistischen Gesellschaft nur die gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen am ökonomischen, sozialen, politischen und kulturellen Leben bedeuten. Integration betrifft somit zum einen nicht nur Menschen, die von irgendwo auf der Welt nach Europa kommen, sondern alle, die hier leben und zum anderen integrieren sich in moderne Gesellschaften einzelne Menschen und nicht Gruppen oder Kollektive.

Volle Identität

Verfolgt man jedoch die Integrationsdebatten der letzten Jahre, muss man den Eindruck gewinnen, es ginge nur um Migranten, ja eigentlich sogar nur um Muslime, die quasi als Kollektiv integriert werden müssten. Diese Entwicklung verdanken wir nicht zuletzt einem zunehmenden ideologisch und religiös begründeten Kollektivismus. Unsere Debatten – vor allem im Bereich Integration – sind von Identitätspolitik bestimmt oder, wie es die Philosophin Isolde Charim[1] beziehungsweise der Philosoph Sama Maani nennen, von einer Ideologie der vollen Identität und das nicht nur von rechts außen.
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Die lange Qual der Wahl

Die Bundespräsidentenwahl in Österreich ist endlich entschieden, die Wahllokale sind geschlossen, noch wird eifrig gezählt. Wie schon nach den ersten beiden Wahlgängen eine Nachwahlkritik.

Montage aus Alexander Van der Bellen von Manfred Werner/Tsui - CC by-sa 3.0 & IMG _9109 von Franz Johann Morgenbesser unter CC BY-SA 2.0. Online: goo.gl/KkDFYh und https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Alexander_Van_der_Bellen?uselang=de#/media/File:Alexander_Van_der_Bellen_(Stimmen_f%C3%BCr_Van_der_Bellen,_Konzerthaus,_2016-05-16)_A01.jpg

Montage aus Alexander Van der Bellen von Manfred Werner/Tsui – CC by-sa 3.0 & IMG _9109 von Franz Johann Morgenbesser unter CC BY-SA 2.0. Online: goo.gl/KkDFYh und https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Alexander_Van_der_Bellen?uselang=de#/media/File:Alexander_Van_der_Bellen_(Stimmen_f%C3%BCr_Van_der_Bellen,_Konzerthaus,_2016-05-16)_A01.jpg

Diese Wahl war nicht nur – wegen einer umstrittenen Entscheidung des Verfassungsgerichts – die längste, sondern auch die schmutzigste der zweiten Republik. Die monatelange Aufgeregtheit war nur schwer zu ertragen. In den sozialen Netzwerken kochten auf beiden Seiten Hass und Hysterie hoch, beide Kandidaten wurden immer wieder auf persönlicher Ebene diffamiert. Die Fernsehdebatten zwischen ihnen hatten zum Teil das Niveau von Auseinandersetzungen im Sandkasten und haben letztlich beide Kandidaten disqualifiziert.

Lagerwahlkampf

Österreich hat in den vergangenen 10 Monaten – durchaus vergleichbar mit den USA – einen Lagerwahlkampf erlebt, in dessen Verlauf die Gräben immer weiter aufgerissen wurden. Die Wahl wurde zu einer „Wahl zwischen Faschismus und Demokratie“ oder zwischen „Verteidigung des Abendlandes oder Untergang“ stilisiert. Auf beiden Seiten dominierten Empörung und Moralismus, durchaus auch mit dem unverhohlenen Ziel, Druck im eigenen sozialen Umfeld auszuüben.

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Atempause nach der Wahl

Österreich hat einen neuen Präsidenten gewählt. Und es ist nicht der Kandidat der FPÖ. Doch damit wurde nur eine Atempause gewonnen.
rotweißrot

Medien und soziale Netzwerke sprachen unisono von einem Wahlkrimi. Grün gegen blau, Gutmensch gegen Nazi, Gut gegen Böse, kurz eine Auseinandersetzung der Extreme, bei der es um alles oder nichts ging, um den Bestand der Demokratie in Österreich und in der Folge in Europa, so die einen, oder den Untergang des Abendlandes, so die anderen. Und es lässt sich wohl ohne Übertreibung sagen, dass eine österreichische Bundespräsidentenwahl noch nie solche Emotionen ausgelöst hat und auf ein solch geradezu hysterisches Interesse über die Landesgrenzen hinaus gestoßen ist – wohl nicht einmal jene von 1986, als Kurt Waldheim gewählt wurde.

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Was der Islam Europa gebracht hat

Der Einfluss vom Islam auf die europäische Kultur ist längst nicht so bedeutend, wie viele meinen. Eine Replik auf Muhammad Sameer Murtazas Artikel Ohne Orient kein Okzident.

Muhammad Sameer Murtazas Artikel verfolgt ein einziges, allzu offensichtliches Ziel: Er will beweisen, dass der Islam immer schon zu Europa gehörte und Europa erst zu dem machte, was es heute ist. Nun schreibt – wer eine Apologetik verfasst – nicht zwangsläufig nur Falsches, wird aber versucht sein, Fakten so darzustellen, dass die eigene Sicht von ihnen gestützt wird und andere Fakten außen vor zu lassen. Das ist ibn rushdMurtaza gut gelungen. Wenn er bedauert, dass der Islam im mittelalterlichen Europa zum Feindbild wurde, unterschlägt er, dass dieses Feindbild benennbare Ursache hatte: Den arabischen und später den osmanischen Imperialismus, der Teile des christlichen Europas über 1000 Jahre hinweg bedrohte. Das klingt bei ihm nur in einem Satz kurz an, um sogleich wieder relativiert zu werden.

Wenn der Autor davon schreibt, dass „500 Jahre Islam auf dem Balkan im kollektiven Gedächtnis Europas verdrängt“ worden seien, dann verdrängt er, was im kollektiven Gedächtnis – ob wir dessen Langlebigkeit nun bedauern oder nicht – nach wie vor präsent ist: Eroberungen, jahrhundertelange Besetzung, Unterdrückung, Angst vor Krieg, Raub und Versklavung. Der Begriff „Türkenkriege“ bezeichnet eine Zeit von ungefähr 1430 bis zum Ende des 17. Jahrhunderts. In manchen Phasen dieser Zeit fielen fast im Jahrestakt Akıncı (irreguläre, aber dem Sultan treu ergebene Reiterhorden von bis zu 10.000 Mann) bis nach Österreich ein. Ihre Aufgabe war es, Gebiete sturmreif zu machen. Sie plünderten, brannten Dörfer und Felder nieder, ermordeten die männliche Bevölkerung und versklavten Frauen und Kinder. „Diese Überfälle haben ganz Thrakien bis hin nach Dalmatien in eine Einöde verwandelt“, schrieb der spätmittelalterliche, byzantinische Historiker Dukas.

Und wenn Murtaza an anderer Stelle schreibt, Weiterlesen

1000 Peitschenhiebe für die Menschenrechte

Wie die Auspeitschung des Aktivisten zum Problem für Saudi-Arabien wurde. Eine Analyse.

Plakataktion in Hamburg, Dezember 2014

Plakataktion in Hamburg, Dezember 2014

Kaum ein Name hat in den letzten Wochen einen derartigen internationalen Bekanntheitsgrad erlangt wie der Name des inhaftierten saudischen Menschenrechtsaktivisten Raif Badawi. Am 9. Januar dieses Jahres wurde er nach dem Freitagsgebet in Dschidda, wo er seit beinahe 3 Jahren eine insgesamt zehnjährige Haftstrafe absitzt, öffentlich ausgepeitscht. Es waren die ersten 50 von insgesamt 1000 Hieben.

Der weltweiten Empörung, den unzähligen Kundgebungen, die seither wöchentlich vor saudischen Botschaften von Kanada bis Istanbul, von Oslo bis Rom und von Marokko bis Pakistan stattfinden und der großen medialen Aufmerksamkeit ist es zu verdanken, dass die Fortführung der Auspeitschung in der Folge Freitag für Freitag ausgesetzt wurde. Die Hoffnung, dass Raif Badawi unter die von König Salman anlässlich seiner Thronbesteigung erlassene Amnestie fällt, Weiterlesen

Der Zensor am Werk

Die Wiener Stadtzeitung FALTER berichtet in ihrer Ausgabe 1-3/15 vom 14. Januar 2015 ausführlich von den Pariser Anschlägen auf die Redaktion von Charlie Hebdo und einen jüdischen Supermarkt. Insgesamt 7 Seiten widmet der FALTER dem Thema, vom Kommentar des Herausgebers Armin Thurnher bis zum Bericht über „Austro-Islamisten“. Nur eines fehlte gut sichtbar: Eine Karikatur von Charlie Hebdo. Dieses Fehlen begründete die Redaktion mehrmals – moralisch und mit deutlicher Distanz zu den blasphemischen „Kollegen“ von Charlie Hebdo.
Ein Leserbrief von Nina Scholz, abgedruckt in der aktuellen Ausgabe des FALTER (5/15)

So ähnlich sahen Seiten der "Arbeiterzeitung" im 1. Weltkrieg aus.

So ähnlich sahen Seiten der “Arbeiterzeitung” im 1. Weltkrieg aus.

Vor 100 Jahren erfand die Arbeiterzeitung eine geniale Form des Widerstands gegen die Kriegszensur: Beanstandete Artikel wurden entfernt, aber keineswegs durch genehmere ersetzt. Weiße Spalten und Flächen zeigten den Lesern stattdessen deutlich: Hier war der Zensor am Werk. Zu dieser Form hat nun auch der Falter gegriffen, um uns die Karikaturen von Charlie Hebdo offensiv nicht zu zeigen. Da es den Zensor schon lange nicht mehr gibt, handelt es sich wohl Weiterlesen

Problem Islam

Wir haben ein Problem mit dem Islam. Wir alle, die wir in freien und offenen Gesellschaften leben wollen, unabhängig von unserer Religion oder Weltanschauung: Wir alle haben ein Problem mit dem Islam – und die mehrheitlich islamisch geprägten Länder ebenfalls.Charlie
„DEN Islam gibt es nicht!“ werden seine Verteidiger an dieser Stelle empört ausrufen. Richtig. Und genau deshalb ist es auch unsinnig, nach jedem Terroranschlag erneut zu betonen, DER Islam sei eine Religion des Friedens und der Toleranz. Das ist er offensichtlich nicht. Eine Religion ist stets das und nur (!) das, was die Anhänger aus ihr machen; es gibt nur diese real existierenden Varianten und keine von den Gläubigen abgekoppelte ideale, wahre und reine Religion.

Inmitten der Menschen, die heute gemeinhin unter der Bezeichnung „Muslime“ subsumiert werden, befinden sich viele, die ihren Glauben abgelegt haben, die also nicht mehr Muslime sind. Andere praktizieren den Glauben nur an hohen Feiertagen und lassen Gott ansonsten einen lieben Mann sein. Viele bekennende Muslime leben ihren Glauben friedlich, betrachten ihn als eine Sache zwischen sich und Gott oder allenfalls zwischen ihrer Gemeinde und Gott. Wie groß ihr jeweiliger Anteil ist, lässt sich schwer schätzen, belastbare Studien gibt es kaum.

Aber um diese drei Gruppen geht es auch nicht, Weiterlesen

Antisemitismus in Europa

Jüdische Schulen und Synagogen in Europa stehen unter Polizeischutz, die wichtigsten und größten gleichen von außen Hochsicherheitstrakten; ohne Sicherheitskontrolle gibt es keinen Einlass. Kein jüdisches Kultur- oder Filmfest kommt mehr ohne Sicherheitspersonal aus. Dennoch häufen sich die Angriffe auf Juden und jüdische Einrichtungen in Europa, von Beschimpfungen, Anspucken und Tätlichkeiten auf offener Straße bis hin zu Überfällen und Mordanschlägen. Während des letzten Gazakrieges kam es in vielen europäischen Städten zu judenfeindlichen Demonstrationen mit lange nicht

Essen, 18.7.

Essen, 18.7.

gehörten Parolen – bis hin zu „Juden ins Gas!“. Aus Frankreich aber auch aus Schweden wandern immer mehr Juden aus. Sie flüchten nach Israel, in die USA oder nach Kanada. 50% der gemeldeten rassistischen Übergriffe in Frankreich richteten sich im vergangenen Jahr gegen Juden, obwohl diese weniger als 1% der Bevölkerung ausmachen. Weiterlesen

Darf man den Islam kritiseren?

Darf man den Islam kritisieren oder über den Islam Witze machen? Diese Fragen werden in regelmäßigen Abständen virulent; ; waren es 2005 ein paar Karikaturen in Dänemark, so sind der aktuelle Auslöser ein paar “böse” Bemerkungen des Kabarettist Dieter Nuhr. Die Frage, ob eine Religion kritisiert und verspottet werden darf, wird ausschließlich im Zusammenhang mit dem Islam gestellt. Niemand fragt, ob das Christentum kritisiert werden darf.
IslamkritikKritik an der christlichen Religion und ihren Kirchen, bis hin zu vehementer Ablehnung wird von den Allermeisten vielmehr als selbstverständlich angesehen. Ohne die scharfe Religionskritik von Denis Diderot und Paul Henri Thiry d’Holbach bis zu Karlheinz Deschners Kriminalgeschichte des Christentums wäre Europa heute ein anderes.
Wer seine Religion auslebt, muss Konfrontationen in Kauf nehmen. Weiterlesen