Es hat mit dem Islam zu tun

Der Terror von Paris, Beirut und Ankara hat mit dem Islam zu tun. Darüber sollte endlich offen gesprochen werden – auch mit und von den islamischen Verbänden.

Das Bataclan um 1909, ©unbekannt, gemeinfrei

Das Bataclan um 1909, ©unbekannt, gemeinfrei

Paris 7.-9.1. Anschlag auf die Redaktion von Charlie Hebdo und einen jüdischen Supermarkt, 17 Tote — Ankara 10.10. Anschlag auf eine Demonstration linker Gruppen, 102 Tote — Sinai 31.10. Anschlag auf ein russisches Passagierflugzeug, 224 Tote — Beirut 13.11. Doppelanschlag in einer Einkaufsstraße, 41 Tote — Paris 13.11. Anschläge auf eine Konzerthalle und Bars, vermutlich über 150 Tote

Der islamistische Terror, in der Regel der Terror sunnitischer Extremisten, zieht eine blutige Spur der Verwüstung durch die Welt. Und schon lese ich auf Facebook die ersten Kommentare aus der Reihe „das hat nichts mit dem Islam zu tun“, denn „Terror hat keine Religion“. Es wird nicht lange dauern und wir werden von den diversen Experten und Expertinnen die unterschiedlichsten Erklärungsansätze geliefert bekommen:
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Was der Islam Europa gebracht hat

Der Einfluss vom Islam auf die europäische Kultur ist längst nicht so bedeutend, wie viele meinen. Eine Replik auf Muhammad Sameer Murtazas Artikel Ohne Orient kein Okzident.

Muhammad Sameer Murtazas Artikel verfolgt ein einziges, allzu offensichtliches Ziel: Er will beweisen, dass der Islam immer schon zu Europa gehörte und Europa erst zu dem machte, was es heute ist. Nun schreibt – wer eine Apologetik verfasst – nicht zwangsläufig nur Falsches, wird aber versucht sein, Fakten so darzustellen, dass die eigene Sicht von ihnen gestützt wird und andere Fakten außen vor zu lassen. Das ist ibn rushdMurtaza gut gelungen. Wenn er bedauert, dass der Islam im mittelalterlichen Europa zum Feindbild wurde, unterschlägt er, dass dieses Feindbild benennbare Ursache hatte: Den arabischen und später den osmanischen Imperialismus, der Teile des christlichen Europas über 1000 Jahre hinweg bedrohte. Das klingt bei ihm nur in einem Satz kurz an, um sogleich wieder relativiert zu werden.

Wenn der Autor davon schreibt, dass „500 Jahre Islam auf dem Balkan im kollektiven Gedächtnis Europas verdrängt“ worden seien, dann verdrängt er, was im kollektiven Gedächtnis – ob wir dessen Langlebigkeit nun bedauern oder nicht – nach wie vor präsent ist: Eroberungen, jahrhundertelange Besetzung, Unterdrückung, Angst vor Krieg, Raub und Versklavung. Der Begriff „Türkenkriege“ bezeichnet eine Zeit von ungefähr 1430 bis zum Ende des 17. Jahrhunderts. In manchen Phasen dieser Zeit fielen fast im Jahrestakt Akıncı (irreguläre, aber dem Sultan treu ergebene Reiterhorden von bis zu 10.000 Mann) bis nach Österreich ein. Ihre Aufgabe war es, Gebiete sturmreif zu machen. Sie plünderten, brannten Dörfer und Felder nieder, ermordeten die männliche Bevölkerung und versklavten Frauen und Kinder. „Diese Überfälle haben ganz Thrakien bis hin nach Dalmatien in eine Einöde verwandelt“, schrieb der spätmittelalterliche, byzantinische Historiker Dukas.

Und wenn Murtaza an anderer Stelle schreibt, Weiterlesen

Alle in einen Topf

Gerne wird von „den Muslimen“ gesprochen – von solchen Pauschalisierungen profitieren aber nur die Rechten und die Islamverbände.

„Eine Beleidigung für 1,6 Milliarden Muslime auf der Welt“ seien die Karikaturen von Charlie Hebdo, so ließ Hisham Maizar, Präsident der Föderation Islamischer Dachorganisationen Schweiz (FIDS) verlauten – und viele seiner Kollegen, sowie Journalisten und Politiker auch in anderen Ländern sprachen sich ganz ähnlich aus. An diesem Satz irritiert zunächst schon mal die Sicherheit, mit der hier ein Einzelner auftritt, als sei er berechtigt, für über ein Fünftel der Menschheit sprechen zu dürfen. Woher weiß er eigentlich, dass die sich alle beleidigt fühlen? Und wie kommt diese immer wieder genannte Zahl zustande, wenn es um angeblich „DIE Muslime weltweit” beleidigende CharlieInhalte geht?
Letzterem scheint eine recht simple Rechnung zugrunde zu liegen:

Man nehme alle Bewohnerinnen und Bewohner islamischer Länder und addiere dazu die Mitglieder „muslimischer“ Minderheiten in mehrheitlich nichtmuslimischen Ländern. Will man ganz besonders akkurat sein, subtrahiert man am Ende noch die Mitglieder religiöser Minderheiten in islamischen Ländern – Voila! Immer wenn die Anzahl der Muslime einzelner Länder wie eine vermeintliche Gewissheit in die Debatte geworfen wird, so handelt es sich letztendlich ganz pauschal um alle Menschen, die selbst oder deren Vorfahren aus einem mehrheitlich islamischen Land stammen, es sei denn, Weiterlesen

Problem Islam

Wir haben ein Problem mit dem Islam. Wir alle, die wir in freien und offenen Gesellschaften leben wollen, unabhängig von unserer Religion oder Weltanschauung: Wir alle haben ein Problem mit dem Islam – und die mehrheitlich islamisch geprägten Länder ebenfalls.Charlie
„DEN Islam gibt es nicht!“ werden seine Verteidiger an dieser Stelle empört ausrufen. Richtig. Und genau deshalb ist es auch unsinnig, nach jedem Terroranschlag erneut zu betonen, DER Islam sei eine Religion des Friedens und der Toleranz. Das ist er offensichtlich nicht. Eine Religion ist stets das und nur (!) das, was die Anhänger aus ihr machen; es gibt nur diese real existierenden Varianten und keine von den Gläubigen abgekoppelte ideale, wahre und reine Religion.

Inmitten der Menschen, die heute gemeinhin unter der Bezeichnung „Muslime“ subsumiert werden, befinden sich viele, die ihren Glauben abgelegt haben, die also nicht mehr Muslime sind. Andere praktizieren den Glauben nur an hohen Feiertagen und lassen Gott ansonsten einen lieben Mann sein. Viele bekennende Muslime leben ihren Glauben friedlich, betrachten ihn als eine Sache zwischen sich und Gott oder allenfalls zwischen ihrer Gemeinde und Gott. Wie groß ihr jeweiliger Anteil ist, lässt sich schwer schätzen, belastbare Studien gibt es kaum.

Aber um diese drei Gruppen geht es auch nicht, Weiterlesen

Meinungsfreiheit gilt für alle!

Ein Gastbeitrag von Nina Scholz

Der heute ergangene Bescheid des Leipziger Ordnungsamtes  ist juristisch gesehen höchst bedenklich:

„Das Zeigen sogenannter Mohammed-Karikaturen sowie anderer den Islam oder andere Religionen beschimpfender oder böswillig verunglimpfender Plakate, Transparente, Banner oder anderer Kundgebungsmittel wird untersagt“

CH-Mohammed

Mohammed von Fundamentalisten überwältigt: “Es ist schwer, von Idioten geliebt zu werden.”

Man kann es durchaus für unangebracht halten, wenn  ausgerechnet LEGIDA-Anhänger  Karikaturen von Charlie Hebdo zeigen wollen und man kann gegen die Vereinnahmung der Morde von Paris für rechtspopulistische Forderungen protestieren, aber das Zeigen der Bilder per Verordnung zu verbieten,  ist ein äußerst besorgniserregender Eingriff in die Meinungsfreiheit, abgesehen davon, dass die gewählte Formulierung  die Karikaturen von Charlie Hebdo  als „böswillig verunglimpfend“ etikettiert. Auch wenn diese nicht explizit erwähnt werden, ist es vollkommen klar, dass man das Zeigen der Charlie Hebdo Arbeiten befürchtet und das Verbot sich gegen diese richtet. So betreibt das Ordnungsamt auch die andernorts immer wieder zu beobachtende Schuldumkehr, die unterstellt, jene, die  Karikaturen zeichnen oder zeigen, machten dies in böswilliger Absicht und seien für islamistische Gewalt verantwortlich oder Weiterlesen

Der Bundespräsident und der saudische Blogger

Der folgende Kommentar ist am 9. Januar in der Tageszeitung DER STANDARD erschienen.

In einem APA-Interview antwortete Bundespräsident Heinz Fischer unlängst auf die Frage nach dem „König-Abdullah-Zentrum für interreligiösen und interkulturellen Dialog“ (KAICIID), er halte die Entscheidung, „ein solches Dialogzentrum der verschiedenen Religionen in Wien zu errichten“ nach wie vor für richtig. Nichts gegen ein Dialogzentrum, aber warum muss ein solches ausgerechnet den Namen des saudischen Königs tragen und von Saudi-Arabien finanziert werden, einem Land, das nicht gerade für Toleranz und Religionsfreiheit bekannt ist. Im Gegenteil. Im Königreich sind sämtliche Symbole anderer Religionen verboten, schon das Einführen einer Bibel ist strafbar, Juden erhalten keine Einreiseerlaubnis. Im vergangenen Jahr wurden mindestens 83 Menschen öffentlich hingerichtet, üblicherweise nach dem Freitagsgebet – auch wenn Frau Bandion-Ortner, Vizegeneralsekretärin des KAICIID, uns unlängst versicherte, dass dies nicht jeden Freitag geschehe. Die Todesstrafe ist in Saudi-Arabien für eine ganze Reihe von Delikten vorgesehen, darunter Hexerei, Homosexualität und Apostasie. Atheisten gelten nach dem neuen saudischen Sicherheitsgesetz als Terroristen.

Raif BadawiDutzende Menschen sitzen wegen „Beleidigung des Islam“ in Haft. Darunter der Menschenrechtsaktivist und Blogger Raif Badawi, der im September 2014 zu 10 Jahren Haft, 1000 Peitschenhieben und einer Geldstrafe von rund 200.000 Euro verurteilt wurde.
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Antisemitismus in Europa

Jüdische Schulen und Synagogen in Europa stehen unter Polizeischutz, die wichtigsten und größten gleichen von außen Hochsicherheitstrakten; ohne Sicherheitskontrolle gibt es keinen Einlass. Kein jüdisches Kultur- oder Filmfest kommt mehr ohne Sicherheitspersonal aus. Dennoch häufen sich die Angriffe auf Juden und jüdische Einrichtungen in Europa, von Beschimpfungen, Anspucken und Tätlichkeiten auf offener Straße bis hin zu Überfällen und Mordanschlägen. Während des letzten Gazakrieges kam es in vielen europäischen Städten zu judenfeindlichen Demonstrationen mit lange nicht

Essen, 18.7.

Essen, 18.7.

gehörten Parolen – bis hin zu „Juden ins Gas!“. Aus Frankreich aber auch aus Schweden wandern immer mehr Juden aus. Sie flüchten nach Israel, in die USA oder nach Kanada. 50% der gemeldeten rassistischen Übergriffe in Frankreich richteten sich im vergangenen Jahr gegen Juden, obwohl diese weniger als 1% der Bevölkerung ausmachen. Weiterlesen

Darf man den Islam kritiseren?

Darf man den Islam kritisieren oder über den Islam Witze machen? Diese Fragen werden in regelmäßigen Abständen virulent; ; waren es 2005 ein paar Karikaturen in Dänemark, so sind der aktuelle Auslöser ein paar “böse” Bemerkungen des Kabarettist Dieter Nuhr. Die Frage, ob eine Religion kritisiert und verspottet werden darf, wird ausschließlich im Zusammenhang mit dem Islam gestellt. Niemand fragt, ob das Christentum kritisiert werden darf.
IslamkritikKritik an der christlichen Religion und ihren Kirchen, bis hin zu vehementer Ablehnung wird von den Allermeisten vielmehr als selbstverständlich angesehen. Ohne die scharfe Religionskritik von Denis Diderot und Paul Henri Thiry d’Holbach bis zu Karlheinz Deschners Kriminalgeschichte des Christentums wäre Europa heute ein anderes.
Wer seine Religion auslebt, muss Konfrontationen in Kauf nehmen. Weiterlesen

In eigener Sache

Das Buch „Europa, Menschenrechte und Islam – ein Kulturkampf?“ von Nina Scholz und mir ist soeben im Passagen-Verlag erschienen. Es ist unser Versuch, die Debatte um Islam und Europa vor dem Hintergrund der universalen Menschenrechte zu diskutieren.

 

 

 

 

 

 

 

In 16 Kapiteln setzen wir uns mit verschiedenen Themen und Begriffen auseinander, die diese Debatte wesentlich prägen. Auf die Probleme und Herausforderungen, die Einwanderung aus islamischen Ländern mit sich gebracht hat, haben Politik und Gesellschaft bislang keine angemessene Antwort gefunden – was zur Konsequenz hat, dass immer häufiger jenen das Feld überlassen wird, die mit billigem Populismus gegen Ausländer, Minarette und Kopftücher hetzen, aber auch denjenigen, Weiterlesen

Islamischer Staat und Islam

In The European erschien die gekürzte Fassung dieses Artikels. Hier die etwas ausführlichere und wie ich hoffe anschaulichere Version.

Am 26. August dieses Jahres sagte Aiman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime in Deutschland (ZMD), in der ZDF-Sendung „Menschen bei Maischberger“, der IS habe nichts mit dem Islam zu tun. Ein Satz, der in den letzten Monaten häufig zu hören ist – insbesondere von Seiten der europäischen Islamverbände. So schreibt die Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) in einer Presseaussendung, IS pervertiere die Religion, und appelliert „an die Öffentlichkeit, diesen Terror nicht mit ‚dem Islam‘ zu verbinden“.Mazyek Gleichzeitig weist sie darauf hin, dass es das Regime Assads gewesen sei, das IS groß gemacht habe. Noch einen Schritt weiter geht Yasmin Fahimi, Generalsekretärin der SPD. Sie fordert, dass der IS in der öffentlichen Debatte nicht mehr als „radikal islamisch“ bezeichnet werden solle, da dies – also die Zuschreibung von außen, nicht die Selbstbezeichnung! – die Muslime beleidige.

Es gibt keinen einzigen islamischen Staat und kaum eine islamische Organisation, die sich nicht vom IS und seinen Gräueltaten distanzieren. Das Motiv dahinter ist jedoch nicht unbedingt ein anderes Islamverständnis. Weiterlesen